Zu den aufregendsten Burgstellen im Schwarzbubenland gehört das Schlössli Steinegg bei Seewen. Sie erreicht man durch einen schmalen Spalt im Felsen – inmitten einer spektakulären, geologisch alten Felsensturzlandschaft.
Dieser Ausflug beginnt bei der Bushaltestelle Seewen, Seetalhöhe. Ich sehe einen grossen Felsenbrocken, davor einen Parkplatz. An diesem Felsen gehe ich links vorbei und sehe nach wenigen Schritten rechts einen Pfad, der in den Wald führt. Ich folge ihm bis zu einer Feuerstelle. Hier sind die Steine und das Altholz mit viel Moos überwachsen – eine märchenhafte Gegend. Doch halt, was sehe ich da rechterhand? Treppen! Die Stufen führen mich zu einem schmalen Felsenspalt. Muss ich etwa hier hindurch, um zur Burgstelle zu gelangen? Offenbar ja, denn der Platz links von der Feuerstelle ist zwar auch ‹zauberhaft›, gleicht aber nicht den Fotos von der Burgstelle, die ich im Büchlein ‹Treffpunkt Schwarzbubenland› gesehen habe.
Also alle Anzeichen von Klaustrophobie zurücklassen und mutig durch den schmalen Spalt hindurch. Der Mut wird belohnt: Vor mir sehe ich einen Platz, der tatsächlich ein Innenhof gewesen sein könnte, jener der Burgstelle Fulnau. Doch aufgepasst: Der Innenhof hat nicht an jeder Seite schützende Felsenwände, hier und da geht es steil hangab. Man muss also an den Rändern sehr bewusst seine Schritte setzen.
Wie bei anderen Burgstellen auch frage ich mich, woran man eigentlich erkennen kann, dass hier einmal eine Burg stand. Könnten es nicht auch einfach Naturbesonderheiten sein? Ich durchquere den Platz und gelange zu einem raumartigen Einschnitt, wohl die Burgkaverne. Was hat es mit dieser Burgstelle auf sich? Sie heisst zwar nach dem geografischen Flecken, hiess aber eigentlich Schlössli Steinegg und gehörte zu denen von Ramstein (nicht zu verwechseln mit der Einzelhofsiedlung Steinegg Seewen). Die etwas unübersichtliche Lage der Felsbrocken geht auf einen Felsensturz vom Riesenberg vor rund 13000 Jahren zurück; dieser war so eingreifend, dass er den Seebach staute – ein See entstand, der See, dessen Namen das Dorf Seewen noch immer trägt, ein See, der jedoch seit 1588 mit wechselndem Erfolg trockengelegt ist; von 1919 bis 1923 erfolgten weitere entsprechende Massnahmen. (Etwas weiter entfernt gibt es seit 1870 den Basler Weiher, aber dieser ist eine künstliche Anlage.)
Ein Teil der Felsen der Umgebung fiel so, dass nicht nur ein See entstand, sondern sich ein sogenannter Felsgarten bildete. Hier wurde um 1100 eine Burg errichtet: der Sitz der Rodungsherrschaft Steinegg mit mindestens zwei Holzbauten. Die Felsenreste bildeten einen natürlichen Burginnenhof. Westlich befindet sich die bereits entdeckte Felskaverne. Und man vermutet, dass es östlich ein Gebäude gab. So geschützt zwischen den Felsenbrocken hatten die Bewohner einen natürlichen Schutzraum – durch die hohen Felswände und die Abgründe.
Dass hier wirklich eine Burg stand, bezeugen archäologische Funde. Ausserdem berichten Sagen vom Schlössli und vom Felsensturz. Eine Sage heisst ‹Vom doppelten Kreuz› und handelt von den Brüdern Kunz und Kuno von Steinegg, die beide um die schöne Grafentochter Jutta von Angenstein buhlten. Eine andere Sage erzählt davon, dass ein Felsensturz die Ritterfamilie in die Tiefe riss.
Die Burgstelle befindet sich auf privatem Grund.
Quellen
Geschichte Seewen
Buch ‹Treffpunkt Schwarzbubenland›, erhältlich auf dem Webshop.
Text und Fotos: Sebastian Jüngel