Oberkirch Zullwil
Von aussen zeigt sich die Kirche Oberkirch in Zullwil als Kastenbau. Betritt man sie, empfängt einen eine einladende Helligkeit mit im Rund angeordneten Sitzbänken. Diese Kirche birgt innen mehr als sie aussen verspricht. Darunter Reliquien.
Der Kirchenbau erzählt schon von Weitem eine Geschichte: Er steht etwas ausserhalb der Siedlung in einer exponierten Lage inmitten einer Hügellandschaft. Der Fund einer römischen Münze lässt darauf schliessen, dass hier Römer siedelten; eine frühere Nutzung als Kulturstätte wird vermutet, ein erster offizieller Nachweis für eine sakrale Nutzung stammt von 1375, die Weihe des Vorgängerbaus 1685 ist belegt. Das heute sichtbare Gebäude gestaltete Wilhelm Keller aus Luzern von 1866 bis 1868; am St. Ursentag 1868 wurde die Kirche geweiht. Kirchenpatrone sind Urs und Viktor.
Erste Besonderheit: Während die Kirche auf Zullwiler Gemeindegebiet steht, befindet sich das Pfarrhaus in der Gemeinde Nunningen. Kein Wunder, steht dieser Sakralbau schon seit 1868 beiden Kirchgemeinden zur Verfügung. Hinzu kommen noch die sogenannten Diaspora-Katholiken aus der basellandschaftlichen Gemeinde Bretzwil.
Mit öffentlichem Verkehr erreicht man die Pfarrkirche Oberkirch über die Busstation Zullwil, Dorf. Der Kirchweg führt direkt zur Kirche, heisst kurz davor Oberkirch. Oder über die Haltestelle Nunningen, Oberkirch. Dann geht es die Kirchmatt aufwärts, die auf die Kirchgasse stösst, die man rechts weiter nach oben geht.
Ein repräsentativer Vorplatz führt zur Kirche. Ich erwarte die klassische Anordnung von hintereinander aufgereihten Kirchenbänken, frontal auf den Altar gegenüber dem Eingang gerichtet. Doch nichts da: Ich stehe unter einer asymmetrisch geformten Empore und blicke in einen hellen Raum mit in einer Rundung konzentrisch zum Altar rechts angeordneten Kirchenbänken. Was hat es mit dieser Kirche auf sich, die sich von aussen als 19. Jahrhundert präsentiert, mit seinen Sitzreihen aber an eine Art (Kirchen-)Parlament erinnert?
Als der Nunninger Anton Hänggi 1967 zum Bischof von Basel gewählt wurde, entstand der Eindruck, dass die Kirche den Ansprüchen nicht mehr genüge. Daher wurde 1967 eine umfassende Renovation vorbereitet. Emil Ditzler aus Basel gestaltete dann von 1972 bis 1973 den Kirchenraum um (Innenarchitektur: Rolf Dürring; Bildhauer: Beat Niedermann). Am 6. Mai 1973 wurde die Kirche von Bischof Anton Hänggi wieder eingeweiht; ein weiterer Umbau erfolgte 2019.
Inmitten des Kirchenraums steht eine Stehle. Sie symbolisiert, wie ich später lese, die Dreifaltigkeit mit den Motiven ‹Gottvater wendet sich zum Volk›, ‹Gottessohn umarmt dieses› und ‹Der Heilige Geist ist Mittelpunkt›. In einer Art Ausstellung finde ich hinter Glas Utensilien von Bischof Anton Hänggi, sehe Reliquienbüsten der Kirchenpatrone Urs und Viktor aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, erblicke in der benachbarten Werkstagskapelle eine eher traditionelle Darstellung von ‹Gottvater› mit ‹Rauschebart› als Deckenfresko.
Zum Neukonzept gehören die Fenster beim heutigen Altar mit den Motiven ‹Erde› (Max Sulzbachner), ‹Feuer›, ‹Wasser› und ‹Luft› (Rolf Dürring) in farbigem Glas. Rechts davon und gegenüber sind die ‹alten› Glasfenster mit Darstellungen von Maria und Josef sowie den Heiligen Cäcilia, Elisabeth v. T., Wendelin, Agatha und Alosius ohne ihre vorherige farbige Umrahmung von weissem Glas umgeben. An verschiedenen Orten zeugen weitere Darstellungen von Heiligen von der Inspirationswelt dieser Gemeinde: unter anderem Bruder Klaus (im Wechsel mit Maria), Franziskus, Urs und Viktor sowie Antonius.
Die Kirche ‹klingt› mit einem Glockenwerk in Es-Dur (c‘, es‘, f‘, g‘, b‘, es“) von 1880/81 und 1946. Hier kann man den Klang nachhören.
Im Rahmen des Wertewegs durch das Schwarzbubenland vom Seelsorgerat Dorneck-Thierstein steht hier das Zitat «Herr, ich will dir danken, dass deine Hand mich leiten will an jeden Ort.»
Weitere Ausflüge
Ruine Gilgenberg, auf der am 24./25. Juni das Mittelalterfest steigt.
Wanderung zum Wasserfall St. Fridli ab Busstation Nunningen Post
Quellen
‹Kleiner Führer durch die Pfarrkirche der Gemeinden Nunningen und Zullwil im Solothurnischen Schwarzbubenland›
Seelsorgeverband Himmelried, Meltingen, Oberkirch
Text und Fotos: Sebastian Jüngel