Das Projekt «E-Bike-Land Nordwestschweiz» forciert mit Ladestationen und Tourenvorschlägen die Region als E-Bike-Land. Mehrere Gemeinden machen mit. Doch nicht alle nutzten die Chance.
Der ehemalige Zürcher Bahnradprofi Franco Marvulli und die Baselbieter Schlagersängerin Sarah-Jane fahren plaudernd hoch zur Ruine Pfeffingen und geniessen die Birsecker Sehenswürdigkeit, ohne dafür gross ins Schwitzen gekommen zu sein. Möglich machen dies ihre Elektrovelos. Zurück geht es via Klus zum Gasthof Mühle, wo sie ihre Velos gleich wieder aufladen können. Dort steht seit kurzem eine von 20 neuen öffentlichen Schnellladestationen für E-Bikes in der Region. Finanziert hat die Ladestation im Dorfzentrum die Bürgergemeinde Aesch. Sie unterstützt gemeinsam mit privaten Sponsoren, mehreren Einwohnergemeinden und Baselland Tourismus das Projekt «E-Bike-Land Nordwestschweiz». Dazu hat Baselland Tourismus eine Karte mit zehn Tourenvorschlägen zu verschiedenen Themen durch die Region lanciert. Selbstredend führen die Touren an den neuen Ladestationen vorbei.
Fahren in der Gruppe attraktiv
Die Verkaufszahlen von E-Bikes nahmen schon vor Corona stetig zu. Seit Pandemieausbruch schiessen sie aber durch die Decke. Als ehemaliger Radprofi konnte sich Franco Marvulli lange nicht vorstellen, selber E-Bike zu fahren. Heute bietet er begeistert E-Bike-Touren in ganz Europa an. «Für mich ist das E-Bike das perfekte Sportgerät für die Entspannung. Wenn ich Tempo bolzen möchte, kann ich auch das Rennrad nehmen.» Zu seinen Kundinnen und Kunden gehören besonders viele Seniorinnen und Senioren, verrät Marvulli. «Ihnen ermöglicht das E-Bike, dass sie wieder Velo fahren können. Das ist doch wunderschön.» E-Bikes würden auch das Fahren in der Gruppe erleichtern, weil jede und jeder nach ihren oder seinen Fähigkeiten die Motorenleistung einschalten könne. Sarah-Jane ist auch privat eine begeisterte E-Bike-Fahrerin. Die Ausfahrten ins Grüne – manchmal sogar mit ihren Hunden im eigens dafür gebauten Korb auf dem Gepäckträger – seien für sie gut zum «Kopf lüften und Kraft tanken».
Keine Ladestation beim Gempenturm
Baselland Tourismus nutzt den E-Bike-Trend, um das Baselbiet touristisch noch attraktiver zu machen. Davon soll zum Beispiel auch die Gastronomie profitieren, wenn dank der Ladestationen und der Tourenvorschläge mehr Leute in der Region unterwegs sind, frohlockt Michael Kumli, Geschäftsführer von Basel-land Tourismus. Dass in Aesch gleich zwei Ladestationen installiert wurden – die zweite steht bei der Sportanlage Löhrenacker – hat mit der Bürgergemeinde zu tun, die ihrerseits bei ihrem Gasthof Mühle eine für 7000 Franken finanzierte und auch die Stromrechnung dafür bezahlt. Bürgerrat Thomas Häring ist überzeugt, dass die neuen Ladestationen Leute dazu bewegen könnte, dass sie ein Dorf ansteuern und während des Ladevorgangs auch einen Halt einlegen werden. «Dazu wollen wir grundsätzlich die E-Mobilität unterstützen», erklärt Häring.
Auch Marcel Schenker, Leiter Schwarzbubenland Tourismus, glaubt, dass die neuen Ladestationen den Tourismus ankurbeln könnten. Er kann deshalb nicht verstehen, dass die Gemeinde Gempen eine Unterstützung und damit eine Ladestation beim Restaurant beim Gempenturm abgelehnt hat. «Das wäre doch der perfekte Standort gewesen», findet Schenker. Auch der Restaurantpächter wäre dabei gewesen. Patrick Berdat, Abteilungsleiter Hochbau bei der Gemeinde Hofstetten-Flüh, kann die ablehnende Haltung von Gempen ebenfalls nicht nachvollziehen. Für seine Gemeinde sei es von Beginn weg klar gewesen, dass sie eine Ladestation haben möchte. Der dafür gewählte Standort beim Restaurant Bergmatten könne auch als zusätzlicher Anziehungspunkt für Ausflüglerinnen und Ausflügler wirken.