Ruine Gilgenberg
Da steht sie weit sichtbar, die Burg Gilgenberg bei Zullwil. Kommt man ihr nahe und näher, wird deutlich, dass die hohen Mauern einen – wie sich zeigt wohlklingenden – Hohlkörper bilden. Hier findet seit 2012 Jahr alle paar Jahre ein Mittelalterfest statt.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Versuchung, den Namen ‹Gilgenberg› volksetymologisch als ‹Galgen› lesen zu wollen, geht ins Leere. Denn ‹gilge› geht auf ‹Ilge› für Lilie zurück – zwei gekreuzte Exemplare bilden das Wappenmotiv der Freiherren von Ramstein (noch heute im Gemeindewappen). Die Burg wird erstmals 1312 urkundlich im Zusammenhang mit Thüring von Ramstein als ‹Herre ze Gilienberg› erwähnt; ihre Gründer haben einen recht repräsentativen Standort auf 710 Meter Höhe ausgesucht und dafür eine ältere Anlage um 1200 genutzt.
Für den Weg von der Busstation Zullwil, Dorf, braucht es keine Wegmarkierung zur Burgruine. Denn sie ist ohnehin bald sichtbar. Und der Weg ‹auf Sicht› führt auch tatsächlich zu ihr, jedenfalls wenn die Salweidstrasse von rechts einmündet. Etwas später gilt es, der Lehengartentrasse rechts zu folgen und auf dieser immer der Nase lang zu bleiben, auch wenn sie später Bündtenackerstrasse heisst – die Ruine mit ihrem mehrstöckigen Palas bleibt weiterhin immer zu sehen.
Ab Dorfausgang öffnet sich eine grosszügige, gewellte Wiesenlandschaft, die an einen Wald heranführt. Hier wird es kühler, der Wegweiser am Standort Gilgenberg auf Höhe 660 Meter bestätigt den Weg. Noch zehn Minuten. Ich umrunde den Fuss des Felsensporns, sodass ich die Burg während des Anmarschs wirklich von allen Seiten gesehen habe.
Am Parkplatz begrüsst mich zunächst ein recht eigenes Wesen. Der Weg geht nun rechts hinauf. Laut Wegweiser: noch fünf Minuten. Der Burgkörper erscheint unerwartet schmal. Bisher war die beeindruckende Breitseite zu sehen. Ein Bluff aus alter Zeit? Oder einfach der geologischen Beschaffenheit des Felsensporns geschuldet?
Nur ein paar Meter weiter hinauf, dann ist es soweit: Ich stehe vor dem Eingangstor. Noch eine Zusatzminute bis ins Burginnere, denn vor dem Eintritt geniesse ich die Weitsicht aufs Dorf.
Nach Überschreiten der Burgbrücke habe ich ein eindrückliches Erlebnis: Der Innenraum wirkt schmal, um nicht zu schreiben: schmächtig, doch sehr hoch mit Ausmassen von etwa 30 Meter Länge auf zehn Meter Breite (so Wikipedia). Die Etagen sind an den einst balkentragenden Steinen und Fensternischen zu erkennen. Aber was ist an einer solchen Ruine zuverlässig ablesbar? Denn am 18. Oktober 1356 wurde sie im Zuge des Erdbebens von Basel stark beschädigt und wieder aufgebaut. Nach verschiedenen Besitzerwechseln brannte die Burg (die Einheimischen hatten sie nach Einfall der Franzosen ins Land in Brand gesetzt) und zerfiel. Das führte zu einer Plünderung der Bausubstanz, des Nutzens der Ruine als Steinbruch.
Ab 1930 erwachte wieder das Interesse an Gilgenberg als Gebäude: Das, was übriggeblieben war, wurde konserviert beziehungsweise restauriert und 1935 unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Seit 1941 liegt die Obhut bei der Stiftung Schloss Gilgenberg. Sie ermöglichte 1980 eine weitere Restaurierung. Seit 1984 ist die Burg als Denkmal von regionaler Bedeutung unter Schutz der Eidgenossenschaft gestellt.
Seither fanden hier ein Openair-Kino, Gilgenberg- und Mittelalterfeste statt. Kein Wunder: Der angestimmte Gesang im Stil des Mittelalters findet hier eine wunderbare Akustik vor. Zudem schützt seit 2015 eine Teilüberdachung mit markantem Dachstuhl einen Teil des Innenbereichs, wo auch grilliert werden kann.
Bei einer Wendeltreppe, die zu einer weiteren Aussicht führt, informiert eine Tafel über die geologische Beschaffenheit, den Faltenjura, dessen Entstehungsbedingungen eine Beziehung nach Afrika herstellen.
Nach dem Wiederabstieg lohnt sich ein Abstecher zur Kirche Oberkirch. Ab Wegweiserstandort ‹Gilgenberg› einfach den oft sich schlängelnden Weg Richtung ‹Oberkirch› (rund 25 Minuten) folgen und nach dem Fabrikgelände den Weg rechts wählen. Die Kirche ist genauso einfach ‹auf Sicht› zu erreichen wie die Ruine Gilgenberg.
Quellen
Stiftung Schloss Gilgenberg
Burgenwanderbuch, Schwarzbubenland-Tourismus, 2010
Wikipedia-Eintrag ‹Ruine Gilgenberg›
Text und Fotos: Sebastian Jüngel